Auswirkungen der Grundsteuerreform ab 2022


1.) Geplante zeitliche Umsetzung der Reform:

Die erste Hauptfeststellung (=Festlegung des Werts des Grundbesitzes durch die Finanzämter) soll zum 1. Januar 2022 erfolgen. Hierfür werden Grundstückseigentümer voraussichtlich ab dem 01. Juli 2022 von den Finanzämtern aufgefordert, Erklärungen zur Feststellung des Grundvermögens beim Finanzamt einzureichen. Das vom Gesetzgeber vorgeschlagene Bodenwertmodell (sog. Bundesmodell) wird in den meisten Bundesländern übernommen. Einige Länder werden aber von der Länderöffnungsklausel Gebrauch machen und auf ein anderes Modell zurückgreifen (siehe unten). Alle aktuell in Frage kommenden Modelle werden im Folgenden kurz vorgestellt. Die Grundsteuer-Novelle soll 2025 in Kraft treten. Bis zum 31.12.2024 gelten weiterhin die alten Grundstückswerte von 1964 (Westdeutschland) bzw.
1935 (Ostdeutschland).

2.) Übersicht über die von den einzelnen Bundesländern gewählten Modelle:

a) Bodenwertmodell, sog. Bundesmodell:

  • Nordrhein-Westfalen
  • Berlin
  • Bremen
  • Mecklenburg-Vorpommern
  • Rheinland-Pfalz
  • Schleswig-Holstein
  • Saarland (mit abweichenden Messzahlen)
  • Sachsen (mit abweichenden Messzahlen)
  • Sachsen-Anhalt
  • Thüringen

b) Modifiziertes Bodenwertmodell:

  • Baden-Württemberg

c) Äquivalenzmodell:

  • Bayern

d) Flächen-Faktor-Verfahren:

  • Hessen
  • Hamburg (Wohnlagenmodell)
  • Niedersachsen (Flächen-Lage-Modell)

3.) Übersicht über die einzelnen vier Grundsteuer-Modelle:

  • 3.1 Bundesmodell (wertabhängiges Modell, u.a. in NRW anzuwenden)

Die Grundsteuer berechnet sich anhand des Grundsteuerwerts (Wert des Grundbesitzes), der Steuermesszahl (0,034 %) und des von der jeweiligen Gemeinde festgelegten Hebesatzes. Der Grundsteuerwert ist in Abhängigkeit von der Art des Grundstücks nach dem Ertragswert (Wohngrundstücke) oder dem Sachwertverfahren (Nicht-Wohngrundstücke) zu ermitteln. Der ermittelte Wert soll den Verkehrswert annäherungsweise abbilden:

  • 3.1.2 Wohnimmobilien

Zu Wohnzwecken genutzte Immobilien sind im Ertragswertverfahren zu bewerten. Der Grundsteuerwert wird anhand des Bodenrichtwerts, der Grundstücksfläche, der statistisch ermittelten Nettokaltmiete/Listenmiete (liegt dem Finanzamt vor), der Wohnfläche der Immobilie und des Baujahrs des Gebäudes ermittelt.

  • 3.1.1 Geschäftsgrundstücke (“Nichtwohngrundstücke”)

Diese Grundstücke werden auf Basis eines vereinfachten Sachwertverfahrens bewertet. Der Grundsteuerwert ergibt sich aus dem Boden- und dem Gebäudewert, multipliziert mit einer Wertzahl. Dabei ermittelt sich der Bodenwert durch Multiplikation von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert. Der Gebäudewert ermittelt sich durch Multiplikation der Normalherstellungskosten mit dem vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Baupreisindex und der Brutto-Grundfläche, abzüglich einer Alterswertminderung von bis zu 70%. Die Normalherstellungskosten werden anhand der Gebäudeart (z.B. Bürogebäude, Produktionsgebäude, Massiv- oder Skelettbauweise oder Lagergebäude in Abhängigkeit von der Nutzung) und des Baujahres ermittelt. Die Brutto-Grundfläche ergibt sich aus der Summe der nutzbaren Grundflächen aller Grundrissebenen, einschließlich nur überdeckter Flächen (z.B. überdachte Durchfahrten). Die Wertzahl ist abhängig von Boden- und Gebäudewert und dem Bodenrichtwert. Im Einheitswert wurden bisher bei der Ermittlung des Gebäudewerts im Rahmen des Sachwertverfahrens Raummeterangaben (cbm) verwendet. Die Flächenangaben sind dem Finanzamt bisher nicht bekannt. Die vom Finanzamt benötigten externen Daten sind:
Grundstücksfläche, Bodenrichtwert, Gebäudeart, Bruttogrundfläche / Nutzflächen, Baujahr, alle übrigen Daten werden aus bereits vorliegenden statistischen Werten mit einbezogen.

  • 3.1.3 unbebaute Grundstücke

Bei unbebauten Grundstücken erfolgt die Bewertung durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert. Zudem ist eine kommunale Grundsteuer C möglich. Mit ihrer Hilfe können Gemeinden bei nicht befriedigtem Wohnraumbedarf einen erhöhten Hebesatz für baureife, aber unbebaute Grundstücke festlegen.

  • 3.2 Modifiziertes Bundesmodell

Baden-Württemberg hat ein eigenes Grundsteuergesetz verabschiedet, welches als modifiziertes Bodenwertmodell an die Namensgebung eines Reformvorschlages anknüpft. Dieses gilt für alle Grundstücke, die nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen zählen. Auf diese findet das Bundesmodell Anwendung. Anders als im Bundesmodell, welches wie oben dargestellt für die Besteuerung den Verkehrswert des jeweiligen Grundstücks zugrunde legt, orientiert sich das Landesmodell am Bodenwert zur Ermittlung eines Grundsteuerwertes. Dieser Grundsteuerwert wird durch die Multiplikation von Grundstücksfläche und Bodenrichtwert ermittelt und schließlich multipliziert mit einer Steuermesszahl von 1,3 Promille, gegebenenfalls reduziert um Abschläge, z.B. von 30% für Wohnraum. Dies ergibt den Steuermessbetrag, der schließlich um die gemeindlichen Hebesätze multipliziert die Höhe der Grundsteuer ergibt. Der Wert aufstehender Gebäude bleibt außer Betracht. Außerdem verzichtet Baden-Württemberg auf die Grundsteuer C. Angesichts möglicher Verstöße gegen Gleichheits- und Leistungsfähigkeitsaspekte ist gegen dieses Modell jedoch bereits ein erstes Verfahren beim Landesverfassungsgericht anhängig.

  • 3.3 Äquivalenzmodell

Das in Bayern beschlossene Äquivalenzmodell verzichtet zugunsten einer vereinfachten Steuererhebung auf eine Differenzierung hinsichtlich der Berechnungsmethoden, wie es sie im oben angesprochenen Bundesmodell gibt. Auch Lagefaktoren werden nicht mit einberechnet. Stattdessen wird die Steuerhöhe für alle Grundstücke gleich (äquivalent) berechnet, nämlich anhand von Gebäudeart, Grundstücksfläche und Wohn-/Nutzflächen sowie einem etwaigem Nutzungsabschlag zusammen mit dem von den Kommunen festgelegten Hebesatz. Turnusmäßige Feststellungen zur entwicklungsbegleitenden Wertfortschreibung sind in diesem Modell daher entbehrlich. Die Grundstücksfläche soll mit EUR 0,04 pro Quadratmeter angesetzt werden, die Gebäudefläche pro Quadratmeter mit EUR 0,50. Im Anschluss daran sind Abschläge, zum Beispiel in Höhe von 50% für Wohnnutzung, zu berücksichtigen.

An dieser Stelle können auch andere Privilegierungen, beispielsweise bei Denkmalschutz oder zugunsten sozialen Wohnraums, in die Berechnung mit einfließen. Zuletzt findet eine Multiplikation mit dem von den Kommunen festgelegten Hebesatz statt. Eine Öffnung zugunsten einer die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten berücksichtigenden Differenzierung soll sich daraus ergeben, dass den Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen die Schaffung von Gebieten mit einem abweichenden Hebesatz innerhalb des ansonsten einheitlichen Gemeindegebietes gestattet wird. Trotz dieser Öffnungsklausel gibt es aktuell jedoch eine lebhafte Debatte, ob das Äquivalenzmodell zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung von strukturstarken und strukturschwachen Gebieten führen könnte und damit verfassungswidrig wäre. Insofern könnte es noch zu Klagen kommen, um das Modell zu kippen.

  • 3.4 Flächen-Faktor-Verfahren

Das für Hamburg, Hessen und Niedersachsen bereits teilweise eingeführte Flächen-Faktor-Verfahren verzichtet auf eine Differenzierung über den Hebesatz und ergänzt das Äquivalenzmodell von Bayern bereits vor Anwendung des Hebesatzes um einen Lagefaktor, der Grundstücke in besseren Lagen höher besteuern soll als solche in schlechten Lagen. Ansatzpunkte hierfür sind in Hessen und Niedersachsen in jeweils unterschiedlicher Gewichtung die Bodenrichtwerte als Lageindiz, während Hamburg auf das Wohnlagenverzeichnis zurückgreifen will.

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